DER NEUE HEUTIGE

EDITORIAL

Lieber Leser,
Liebe Leserin

Der Beginn eines jeden neuen Jahres bringt Menschen dazu, die vergangenen Jahre zu reflektieren, um festzustellen, wo man steht und herauszufinden, was man will. Ein Jahreswechsel, so albern das klingt, trägt in sich die Chance weichen zu stellen und ermöglicht uns den Fokus neu einzustellen, er schärft unseren Verstand in dem Sinne, dass wir versuchen unser Schicksal in die Hand zu nehmen - unsere Fähigkeiten prüfen, unsere Möglichkeiten prüfen. Wir evaluieren, was wir erlernen möchten, wir finden heraus, was wir erleben möchten, wir setzen uns Ziele. Ein Jahreswechsel hat somit die Potenz, uns aus unserem Alltag zu distanzieren und uns von Aussen zu betrachten, was aus meiner Sicht förderlich für unsere eigene Entwicklung ist. Auch andere Umstände führen uns an diesen Punkt der Reflektion, angenehme und unangenehmere, die sind dann losgelöst von diesem magischen Moment, wo wir beginnen ein neues Jahr zu zählen. Somit löst der Jahreswechsel etwas aus, was jederzeit während des laufenden Jahres auftreten kann:
Er unterschützt uns im Bestreben die Orientierung zu finden, welche wir möglicherweise während des Jahres verlieren.

Generell und nicht nur für den Jahreswechsel gedacht stelle ich hier ein paar Grundprinzipien und Fragen auf, wie wir unsere eigene Zukunft in eine positive Richtung lenken:

Prüfe deine Zufriendenheit. Fühlst du dich erfüllt, so geniesse es.
Fühlst du dich erfüllt, wenn nein, warum nicht?
Was könntest du mühelos ändern, um dich freier zu fühlen?
Nimm dir Zeit für dich.
Höre auf dich. Horche in dich hinein.
Nutze alle deine Fähigkeiten und sei bereit Neues zu lernen.
Habe den Mut dein Schicksal zu ändern.
Schliesse alte Sachen ab, falls du Platz brauchst für Neues.
Vertraue dir und vertraue deinen Fähigkeiten.
Was macht dir Freude?

In diesem Sinn wünsche ich allen ein gelingendes, wohltuendes 2016

MATERIALISMUS

Unser Konsumverhalten hat meist nicht mit Notwendigkeiten zu tun.

Jenny Holzer (US-Künstlerin aus dem 20. Jahrhundert) hat das mit einem prägenden Satz genau auf den Punkt gebracht: "I Shop therefore I am". Womit sie allerdings nicht unbedingt auf den Besitz von Sachen abzielte, sondern eher auf die Tägigkeit des Einkaufens.

Störend empfinde ich Geschäftsmodelle, die darauf aufbauen, den Kunden immer neue Ware zu präsentieren, die auf Kosten billiger Arbeitskräfte und wertloser Materialien (hohe Vergänglichkeit) den Kunden Mode suggerieren, die letztlich für eine stark begrenzte Dauer ihre Gültigkeit haben, danach im Abfall landen und in ihrer Gesamtheit Unmengen von Ressourcen verbrauchen. Folgende Firmen kommen mir in den Sinn: Ikea, H&M, Dosenbach, Interdiscount.

Gerade im Elektronikbereich finden Produkte Absatz, die nach wenigen Jahren überholt sind, weil die Entwicklung neuer Geräte keine Pause macht. Es werden neue Bedürfnisse geschaffen: Beispiel VHS - Laserdics - DVD - Bluray, Röhrenmonitor - Flachbildschirm - Curved HD TV - 4K TV. Auch die Komputerleistungen werden im zwei-Jahres-Rhythmus verdoppelt, so dass man eigentlich nie auf dem neuesten Stand ist. Ärgerlich und mühsam ist's wenn dann Programme, an die man sich gewöhnt hat, auf neuen Systemen nicht mehr zum laufen gebracht werden können bzw. neue Programme zur Verfügung stehen, die auf älteren Rechnern nicht installiert werden können.

Im Haushalt, bei Kleidern und Schuhen gibt es ein ähnliches Phänomen, nur ist es dort absichtlich hausgemacht. Einerseits hat die Mode Einfluss, die ganz klar künstlich suggeriert wird. Produkte, die eine lange Lebensdauer und Aktualität besitzen, werden tendenziell verworfen, um Produkten Platz zu machen, die eigentlich niemand braucht. Um Umsätze zu steigern. Welche Ironie.

All die Billigprodukte, z.B. Schuhe, die nach vier Monaten ersetzt werden müssen, weil sich die Sohle löst, das T-Shirt, das nach 4 mal waschen Farbe und Form verloren hat, der Stuhl, der kaum aufgestellt, bei der kleinsten Benutzung irgendwo bricht.

Es sind nicht nur die Konsumenten, die funktionierende Ware wegwerfen, es sind auch Produzenten, die nicht funktionierende Wäre verkaufen. Alles in allem müssen wir gemeinsam einen Weg finden, um dieser unsinnigen Entwicklung entgegenzuhalten.

KAPITALISMUS

Man kann dem Kapitalismus Gutes abgewinnen.

Die Welt wäre ohne den Kaptialismus nicht dort, wo sie heute steht. Er hat auch Vorteile gebracht. Doch wenn man alle Nachteile zusammenzählt, und das sind doch so einige, dann sieht die Bilanz düster aus.

Die Kluft zwischen Armen und Reichen weitete sich immer mehr aus. Wenige Reiche, viele Arme. Immer noch viele Kiege, immer noch viele Hungertote. Und wer Geld hat, hat die Macht. Und die Macht will verteidigt werden.

Die heutigen Umweltprobleme sind auf das Konsumverhalten aller zurückzuführen. Allen voran den USA, Canada, Europa und Australien, gefolgt von den Schwellenländern Indien, China und Brasilien. Ärmere Regionen holen auf und werden in Zukunft auch mehr endliche Ressourcen verbrauchen.

Der Neoliberale Kapitalismus, die Börsenspiele und das Profitdenken sind für Unruhen, Missstände und Terrorismus verantwortlich. Doch nichts deutet darauf hin, dass unsere Denker und Vordenker am System des Kapitalismus zweifeln. Im Gegenteil, es werden kleine Korrekturen vorgenommen, um das System auch in Zukunft legitimieren zu können. Die Grundstruktur wird kaum in Frage gestellt, wie auch, wir kennen eigentlich keine Alternative. Wir sind gefangen, befangen, weil wir letztlich nicht bereit sind Opfer zu bringen, um eine neue Struktur zu schaffen, die langfristig mehr Nutzen bringen könnte, als unser eingeschlagener Weg.

In der Schweiz gab es in letzter Zeit interessante Vorstösse und Initiativen, die zwar die Mehrheit nicht zu überzeugen vermochte, jedoch in ihrer Stossrichtung die Problematik ernsthaft erkannt haben. Zu nennen ist hier die Initiative zur Besteuerung der Energie anstelle Arbeit. Dies wurde ganz klar vom Volk abgeschmettert, kein Wunder, man hält sich eben doch am liebsten am Status Quo. Eine anderer Versuch, der Entscheid ist noch hängig, ist das Durchsetzen eines Grundeinkommens für alle. Auch dieser wird von der Mehrheit des Volkes nicht gutiert werden, gleiches Problem. Um ein bestehendes System zum kippen zu bringen sind enorme Anstrengungen nötig, weshalb es nicht gelingen wird. Der Mensch ist als Wesen träge, eigenmächtig und dumm. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Der Mensch will sich nicht anstrengen, er will kein Risiko eingehen und ist nicht zu Opfern bereit. Die Trägheit der Masse führt unweigerlich ins Verderben.

Aus meiner Sicht ist der Kapitalismus am Ende. Was darauf folgt ist in weiter Ferne. Es braucht viel Denkkraft um Alternativen zu entwickeln.

Falls wir in der Lage sind, den Kapitalismus zu transformieren, können wir bevorstehende Katastrophen abwenden. Sind wir bereit dazu?

AUTOMATION

Die Welt dreht sich immer schneller, obschon sich die Erde nur einmal pro Tag dreht.

Die Generationen vor uns haben auch schon grosse technische Revolutionen miterlebt. Meine Generation lebt in der Informationsgesellschaft (Informatikgesellschaft) und ist mit der Digitalisierung und der Automation konfrontiert. Es sind indes weitere bahnbrechende Innovationen im Anflug, sprich Nanotechnologie und künstliche Intelligenz. Die Welt ändert sich rasant.

Die Rationalisierungen durch Computerprogramme beeinflussen unser Leben in einer noch nie dagewesenen Weise. Viele Jobs sind verschwunden und weitere werden verschwinden, und wiederum wer Kapital hat und in die hochtechnisierten Infrastrukturen investiert wird mehr Kapital daraus schlagen können.

Klar ist es auch eine Chance, endlich müssen wir uns nicht mehr mit trivialen, wiederkehrenden Arbeiten herumschlagen, haben Zeit für Anderes. Doch sind wir auch gefordert. Denn wenn die Arbeit die Computer und Roboter erledigen, müssen wir Ideen entwickeln, was dann unsere Arbeit sein kann. Einfach rumzustehen, zu saufen oder Däumchendrehen sind keine guten Alternativen.

Unsere Generation muss sich neu erfinden. Das ist keine einfache Aufgabe.

Was sind Jobs mit prosperierender Zukunftschance? Welche Jobs werden auch in Zukunft von Menschen erledigt werden?

Das wird die Zukunft zeigen. Beratungen aller Art werden weiterhin gebraucht werden, es wird auch Richter brauchen, es wird Coiffeure brauchen, es wird Analytiker brauchen, es wird Operateure und Köche brauchen. Ganz allgemein werden in Zukunft jedoch Spezialisten gefragt sein, die in Wissenschaft (Chemie, Gesundheitsforschung, etc.) und Technik, Botanik und Programmierung stark sind, mehr kommt mir dazu gerade jetzt nicht in den Sinn.

Ich denke die Welt, wie wir sie heute kennen, gibt's in 100 Jahren nicht mehr. Der technische Fortschritt verändert unser Leben. Es ist nur zu hoffen, dass die Weltreligionen zusammen einen Weg finden und die Gesellschaften die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie die Menschenrechte zu ihren höchsten Errungenschaften zählen, und die Völkergemeinschaften einander mit Respekt und Toleranz begegnen.

SOZIALE INTELLIGENZ

Für das Zusammenleben von Menschen, und auch Tieren, werden Fähigkeiten benötigt, die man meist voraussetzt.

Doch kann man sich darin trainieren. Gerade im Umgang mit älteren Menschen, Pflegebedürftigen, sind Empathie und Einfühlsamkeit gefragte Tugenden. Nicht jeder bringt diese Fähigkeit von Grund auf mit.

Ich wünsche mir selbst besser damit umgehen zu können und bewundere Menschen, die ganz natürlich und selbstlos auf Menschen zugehen können, die in ihrer geistigen und körperlichen Fähigkeiten eingeschränkt sind.

Gerade jetzt, wo die Flüchtlingsströme Europa erreichen, sind solche Fähigkeiten sehr gefragt. Den Menschen würdig begegnen, den Menschen mit Respekt begegnen. Es scheint mir, es gibt zu viele unter uns, die sich bedroht fühlen von dieser Situation. Es werden Argumente gegen das Aufnehmen von politischen Flüchtlingen aufgegriffen, die Kosten, die Unterbringung, die angeblich nicht mögliche Integration, die Kriminalität, Parallelgesellschaften und die Werte unserer Kultur.

Dabei müssten wir diese Entwicklung als Chance sehen. Die soziale Intelligenz unserer Gesellschaft wird auf die Probe gestellt. Begegnen wir diesem Umstand mit Anstand, Vernunft und Verantwortung, werden die ankommenden Menschen ein Teil unserer Gemeinschaft sein.

KREATIVITÄT

Sehr wichtig für den kreativen Prozess ist das Gefühl von Freiheit und die Bereitschaft etwas auszuprobieren.

Wir können im Alltag kreativ sein, beim Schaffen von Kunstwerken, bei der Entwicklung eines Geschäftsmodells, beim Sex, eigentlich bei allem was wir machen.

Wichtig ist auch, dass Zeit keine Rolle spielt. Denn wenn man getrieben ist von Leistung und Effizienz, kann dies hinderlich sein. Auch kann man die Kreativität nicht erzwingen. Man kann sie zwar unterstützen, doch im Wesentlichen müssen wir jederzeit bereit sein, eine innovative Idee oder eine künstlerische Umsetzung entweder im Kopf zu behalten, oder diese zu skizzieren, um sie bei gegebenen Umständen umzusetzen.

Das Vertrauen in sich selbst und seine Fähigkeiten hat enormen Einfluss auf eine ernsthafte Ausübung des Ziels. Wenn wir mit unserem Selbstwert hadern oder die Idee durch unser Infragestellen kompromittieren, können wir den Prozess der Umsetzung gleich wieder fallen lassen. Das Abwägen, ob man sich mit einer Idee umschlagen will und diese in eine Form bringen will, bleibt dem/der Kreativen überlassen.

Ob dann jemand anderes die Idee bzw. das Werk interessant findet, wird sich zeigen. Die Ueberzeugung des/r Kreativen über sein Schaffen hat erste Priorität. In erster Linie spielt nicht der kommerzielle Erfolg sondern eher die Genialität der Idee oder der Umsetzug dieser Idee die Hauptrolle.

Und zum Schluss noch dies: Es spielt keine Rolle wer und wieviele Leute etwas gut finden. Es findet sich oft irgendwer, der genau das gut findet, was du machst/kreierst. Und nicht alles muss sich dem Mainstream unterwerfen.